Der maltesische Archipel vereint mediterranes Klima, jahrtausendealte Kultur und eindrucksvolle Naturformen auf engstem Raum. Schroffe Steilküsten wechseln sich mit sanften Kalksteinplateaus ab, während versteckte Täler, uralte Karstlandschaften und jadegrüne Macchia der Inselgruppe einen unverwechselbaren Charakter verleihen. Zwischen Tempelruinen, barocken Städten und abgeschiedenen Buchten ziehen sich Pfade, die beinahe das ganze Jahr über begehbar sind. Wer sich auf diese Wege begibt, begegnet neben der intensiven Sonne auch dem stetigen Wind, der salzige Gischt über die Klippen treibt und für kristallklare Fernblicke sorgt. Auf Malta und Gozo liegt alles nah beieinander, doch jede Strecke besitzt eine eigene Prägung – sei es durch spektakuläre Höhenunterschiede, geologischen Reichtum oder stille Olivenhaine, in denen Zeitlosigkeit spürbar wird. Wir haben einige Ideen für verschiedene Wanderungen rund um Malta.
Malta: Küstenpfade und Inlandrouten
Dingli Cliffs – Filfla Viewpoint
Am südwestlichen Rand Maltas ragen die Dingli Cliffs bis zu 250 Meter hoch aus dem Mittelmeer. Ein Abschnitt führt vom Kap Ta’ Żuta hinauf zum kleinen Kapellchen St. Mary Magdalene, vorbei an trockensteinernen Feldmauern und windumtosten Karstplatten. Hinter jeder Biegung erscheint die unbewohnte Vogelinsel Filfla wie ein dunkler Fleck im endlosen Blau. Besonders am späten Nachmittag taucht warmes Gegenlicht die Szenerie in goldene Farben, wenn Falken über den Abhängen kreisen.
Victoria Lines Heritage Trail
Ein militärisches Bauwerk des 19. Jahrhunderts verläuft quer über die Insel: die Victoria Lines. Auf knapp zwölf Kilometern zieht sich diese Verteidigungsmauer entlang einer natürlichen Geländekante von Dwejra Lines bei Mdina bis nach Għargħur. Der Weg folgt Bastionen, Gräben und Forts, quert ländliche Weite mit Johannisbrotbäumen und bietet unerwartete Ausblicke auf beide Küsten. Ein Abstecher zur Festungsruine Fort Mostra rundet die Zeitreise ab.
Marfa Ridge – Mellieħa Bay
Im Norden erstreckt sich das Marfa-Plateau, dessen sandige Pfade durch duftende Kräuterfelder hinunter zur Mellieħa-Bucht führen. Unterwegs passiert man versteckte Seehöhlen, in denen sich helles Wasser spiegelt, und kommt schließlich bei der roten Torre Sant’Agatha heraus – einem markanten Wachposten aus dem 17. Jahrhundert. Der sanfte Abstieg endet an einem der längsten Sandstrände Maltas, wo flaches Wasser in Türkistönen schimmert.
Bahrija – Fomm ir-Riħ
Im Westen liegt ein abgelegenes Kleinod: das Küstental Fomm ir-Riħ (Youtube Video). Vom Dorf Bahrija führt ein bröckelnder Feldweg über weite Kalksteinplatten hinab zur einsamen Bucht. An klaren Tagen reicht die Sicht bis zum Gozo-Kanal. Alpenstrandläufer und Sturmvögel ziehen durch die Lüfte, während die Wellen tief unten an den kantigen Felsen branden. Die Rückkehr über einen Serpentinensteig beansprucht Kondition, belohnt jedoch mit einem Rundblick über zerklüftete Küstenabschnitte.
Gozo: Abwechslungsreiche Strecken
Wied il-Għasri – Wied il-Mielaħ Arch
Die kleine Schwesterinsel Gozo glänzt mit einer raueren Silhouette. Ein eindrucksvoller Pfad beginnt am Fjord Wied il-Għasri, dessen schmaler Kiesstrand zwischen mächtigen Felswänden liegt. Von dort zieht sich ein aussichtsreicher Küstenweg zum natürlichen Kalksteinbogen Wied il-Mielaħ. Unterwegs öffnen sich Blicke auf ein endloses Blütenmeer im Frühjahr und auf smaragdgrüne Becken, in denen sich Meersalz sammelt. Der Steinbogen markiert einen imposanten Schlusspunkt, denn unter ihm brandet oft weißer Schaum gegen die Felsen.
Ta’ Ċenċ Cliffs – Sannat Plateau
Im Süden Gozo erhebt sich die Ta’ Ċenċ-Hochfläche. Vom Rand des Dorfes Sannat laufen Pfade über windgeformte Wiesen bis an die abrupt abfallende Steilküste. Dort stürzen senkrechte Klippen über hundert Meter hinab ins tiefblaue Wasser. Am Horizont taucht im Dunst die Insel Comino auf, und aus den Kalkschichten ragen geologische Schichten hervor, die Millionen Jahre alte Fossilien bergen. Der Rundweg über das Plateau lässt sich mit einem Abstecher zu vorgeschichtlichen Dolmen verbinden.
Ramla Bay – Calypso Cave – Nadur Terraces
Ramla Bay ist für rötlich schimmernden Sand bekannt, der im Abendlicht beinahe bronzefarben leuchtet. Vom Strand zieht sich ein Pfad zur legendären Calypso Cave, die laut Mythos Homers Odysseus beherbergte. Auch wenn der Höhleneingang derzeit gesichert ist, offenbart die Aussichtsterrasse ein weites Panorama über die geschwungene Bucht. Anschließend führt die Route weiter auf die terrassierten Felder von Nadur, wo Oliven- und Johannisbrotbäume das Landschaftsbild prägen.
Comino Circle Trail
Zwischen Malta und Gozo liegt die fast unbewohnte Insel Comino. Ein schmaler Ringweg führt in gut zwei Stunden einmal um das Eiland. Ausgangspunkt ist meist die berühmte Blue Lagoon, deren leuchtendes Wasser Besucher magisch anzieht. Jenseits davon herrscht Ruhe: verlassene Wachttürme aus der Zeit der Johanniter, dornige Strauchheiden und einsame Klippeneinschnitte wie die Santa Marija Höhle können entdeckt werden. Wegen fehlender Schatten ist vor allem eine Frühjahrs- oder Herbstwanderung ratsam.
Fazit: Mediterranes Wandererlebnis mit viel Abwechslung
Malta, Gozo und Comino bündeln auf engem Raum kontrastreiche Landschaften, in denen schroffe Felsen, weite Plateaus und historische Monumente harmonisch verschmelzen. Jede Route offenbart einen individuellen Charakter – sei es durch gewaltige Klippen, stille Feldpfade oder türkisfarbene Buchten. Zugleich bleibt die Distanz zwischen den Trails gering, was spontane Tourenplanung erleichtert. Ein mildes Klima, gut erhaltene Steinwege und dichte Linien des öffentlichen Verkehrsnetzes tragen dazu bei, dass Wandern hier das ganze Jahr über reizvoll ist. Die vielfältigen Strecken verdeutlichen, wie eindrucksvoll eine kleine Inselgruppe Naturschätze, Kulturzeugnisse und ruhige Rückzugsorte miteinander verknüpfen kann.